Calvin

Marlies Eifert - Media Mania / Buchrezicenter / Buchwurm

Das Buch endet mit der Rückgewinnung des Schattenkelches, eines geheimnisvollen Gefäßes, das dem Besitzer u.a. die Unsterblichkeit verspricht. Mit dieser Aussage ist nur scheinbar die Spannungslösung vorweggenommen. Es geht um sehr viel mehr als um die gefahrvolle Suche nach einem Gefäß. Letztendlich ist das Entstehen einer Gemeinschaft, die sich um den Schattenkelch gruppieren sollte, eigentlicher Gegenstand der Handlung.

Alle Handlungsstränge laufen auf diese Gemeinschaft, die sich aus mächtigen Vampiren zusammen setzen würde, hinaus. Symbolhaltige Szenen wie die in den Katakomben der St.Paul’s Cathedral, in der ein Licht auf einen fünfzackigen Stern am Boden ausgerichtet war, stehen neben Alltagsszenen aus dem Umfeld polizeilicher Untersuchungen.

Die Sprache gleitet nie ins Pathetische ab. Die Verfasser trennen aber deutlich die jeweiligen Sprachebenen, je nachdem auf welches Umfeld sie sich beziehen. Flapsig, ironisch, wenn es um Alltagszenen geht, geheimnisvoll, andeutend, fast lyrisch, wenn der Raum und das Geschehen im und um den Bereich des Schattenkelches geschildert wird.

Fünf Personen kann man als wichtigste Handlungsträger ansehen. Neben Calvin und Dilara sind dies Guardian, der das Vermächtnis, die Schriften des verstorbenen Vampirherrschers Antediluvian studiert, der erfolgreiche Cop(Polizeikommissar) Mick Bondye, der mit der Untersuchung von Morden im Vampirbereich beauftragt ist, und letztendlich die Konzernchefin Luna, eine Verkörperung der Mondgöttin Coyolxa, die im voraufgehenden Band als Kontrahentin von Dilara und Calvin aufgetreten war.

Erkenne dich selbst - dies ließe sich über das entsprechende Kapitel hinaus auch auf einen Großteil des Geschehens übertragen. Am eindrucksvollsten vielleicht die ‚Verwandlung‘ Micks von einem – fast - normalen Polizeikommissaren, der bei der Arbeit entdeckt, dass er selbst einer der von ihm Verfolgten ist und sich letztendlich dazu bekennt. Er bekommt schließlich eine Ahnung seiner besonderen Fähigkeiten, die weit über die hinaus gehen, die er als Cop unter Beweis stellen kann.

Dieses Geschehen wird teilweise aus der Sicht seiner Mitarbeiterin Cassandra erzählt. So entsteht die Spannung zwischen der Wirklichkeit eines Kommissars und der eines Voodopriesters mit der Gabe, sich die Unterstützung verstorbener Seelen zu sichern. Als liebende Frau versucht sie vergeblich, das aus ihrer Sicht Abdriften ihres Partners in eine andere Welt zu verhindern.

Erkenne dich selbst, das gilt auch für Calvin, den Partner Dilaras. Calvin wächst einer Aufgabe entgegen, die er in der Gemeinschaft um den Schattenkelch haben wird.

Erkenne dich selbst- in etwas anderer Art ließe sich dies vielleicht auch von Dilara sagen, die die Kraft ihrer Liebesfähigkeit erfährt. Einer Fähigkeit, über die übrigens auch ihr Partner Calvin in hohem Maß verfügt.

Spannung entsteht durch Hindernisse, die sich der Entwicklung auf das Ziel der Fünfergemeinschaft hin entgegenstellen. So wenn beispielsweise der Vater Calvins seinen Sohn für seine Ziele gewinnen will und ihm durch einen Eingriff in das Gedächtnis die Erinnerung an Dilara auslöscht. Ausgesprochen spannend auch, wie sich Cassandra entscheiden wird, wenn sie Zeugin eines Mordes wird, den ihr Partner an einer jungen Frau begeht.

Keine oberflächlich Handlung, aufgebaut nach dem Schema einer primitiven Kirminalhandlung mit Horroreffekten erwartet den Leser. Mit psychologischer Einfühlsamkeit gelingt es den Verfassern, eine Handlungsstruktur zu schaffen, in der zwar Vampirmotive eine Rolle spielen, die aber doch eine eigene Wirklichkeit ahnen lässt.
Diese andere Wirklichkeit zeigt sich insbesondere im letzten Kapitel, in dem es um das gemeinsame Mahl der neuen Gemeinschaft geht, die sich um den Schattenkelch gruppiert.