Abwechslungsreiche und doch homogene Mischung an Kurzgeschichten

Dieter Krämer - www.sternensond.de

Diese Anthologie der neuen deutschen Science-Fiction folgt keiner bestimmten Thematik. Vielmehr zeigt sie wie facettenreich dieser Bereich geworden ist. Das Spektrum reicht von humorvoll-satirisch über philosophisch-nachdenklich bis zu abenteuerlich-exotisch.
Zum Besten gegeben von namhaften Autoren und begabten Neulingen, die in der Szene bereits aufgefallen sind oder sicherlich noch auffallen werden.

Im Vorwort bricht Hermann Urbanek nicht nur eine Lanze für die phantastische Kurzgeschichte und die deutsche Science Fiction sondern informiert auch über die Wichtigkeit der Fanmagazine als Plattform und Sprungbrett für Nachwuchsautoren. Er versucht auch den Status Quo der deutschen Science Fiction mit all seinen Problemen und Chancen zu definieren.

Im Anschluss eröffnet „Planet der Riesenfrösche“ von Linda Budinger den illustren Reigen mit einer wirklichen Kurzgeschichte. Der kürzeste Beitrag dieser Sammlung beinhaltet jedoch alles, was eine gute Geschichte braucht: Eine gute Idee, hervorragend umgesetzt, mit einer gelungenen Pointe. Das Ganze wird mit einem Augenzwinkern präsentiert.

Ebenso verhält es sich mit „Heimkehr nach Algata“ von Andreas Gruber. Dieser Roman strotzt ebenso vor Humor und hat etwas von „Per Anhalter durch die Galaxis“. Dennoch hat auch seine Geschichte eine schöne Botschaft, eingebettet in eine verrückte, futuristische Kulisse.

Ronald M. Hahn liefert mit seinem Beitrag „Wie Terrorismus entsteht“ ein satirisches Kleinod ab, bei dem kein Auge trocken bleibt. Mit spitzer Feder bringt er das Leid eines Nachwuchsautors zu Papier und trifft dabei den fiktiven Nagel auf den allzu realen Kopf.

„Der traurige Dichter“ von Frank W. Haubold wird wieder etwas ernster und idealistischer. Seine Kulisse, in der seine Geschichte um den einsamen Kolonisten spielt, hat mich sehr fasziniert und in ihren Bann gezogen. Eine sehr gute Idee, die für eine Kurzgeschichte atmosphärisch dicht umgesetzt wurde.

„Achtung Scheinwerfer!“ von Dominik Irtenkauf war mir etwas zu abgehoben und surrealistisch. Irgendwie fehlte hier auch die Botschaft, und auf mich wirkte die Story, als ob der Autor unbedingt einen extravaganten Stil erzeugen wollte. Gelungen ist ihm dies in der verwirrenden Geschichte leider nicht.

Die Titelgeschichte „Der Himmelspfeifer“ von Jörg Isenberg kehrt wieder zu bodenständiger Science Fiction zurück. Seine Story erklärt auch das für eine Science-Fiction-Anthologie etwas ungewöhnliche Cover von Crossvalley Smith . Der Beitrag selbst erweist sich als gelungene, moderne Mystery-Science Fiction im Geiste von Twilight Zone, Outer Limits oder Akte X.

Helmuth W. Mommers geht mit seiner Kurzgeschichte wieder in die realistische, denkbare und nahe Zukunft. „Zum Abschuss freigegeben“ konfrontiert den Leser auf beeindruckende Weise mit dem bevorstehenden demographischen Wandel. Seine Zukunftstheorien sind dabei sehr überzeugend ausgearbeitet.

Christian Montillon ist momentan in dieser Runde mit Uschi Zietsch wohl der bekannteste Autor was den Serienmarkt betrifft. Mit seinem Beitrag „Die Folie“ zeigt er auch, das es auch bei ihm noch kürzer als ein Heftroman geht, und seine Geschichte trotzdem alles beinhaltet, was ein guter Roman braucht.

Dann folgt der Beitrag von Mario Moritz, der eigentlich der Grafiker dieser außergewöhnlichen Anthologie ist. Und ich muss sagen, dass mir sein Beitrag - trotz einiger holpriger Stellen - genauso gut gefallen hat wie seine Bilder, die jede Story passend eröffnen. „Kiri“ ist ein Abenteuer im Stil der Planetenromane der Perry-Rhodan Reihe. Diese haben mir sehr zugesagt und deshalb trifft auch Mario Moritz hier den Nerv.

Niklas Peineckes „Upload untot“ hat mit insgesamt gesehen am besten gefallen. Sein Cyberspace-Piraten-Zombie Abenteuer ist einer der längsten Beiträge und hat mich absolut gefesselt und fasziniert.

In „Gefühle regieren die Welt“ kehrt dann auch wieder spirituelle Ruhe ein und Margret Schwekendiek erzeugt auf wenigen Seiten eine schöne Atmosphäre und webt einen literarischen Stoff, der das Potential hätte, ein Buch zu füllen.

Mit dem Thema Zeitreisen und Zeitparadoxa beschäftigt sich die Geschichte „Göthé“ von Achim Stößer. Dabei wählt er eine interessante Ausgangssituation für seine Erzählung. Sehr Unterhaltsam und ungewöhnlich.

Mit „Deus Ex Machina“ nimmt sich auch Dirk Taeger einem klassischen Thema der Science-Fiction an. Die Beeinflussung von Außerirdischen auf die menschliche Geschichte und die Auslegung biblischer Geschichten als Taten fremder, fortgeschrittener Spezies. Einfach aber dennoch gut.

Bei „Myomorphus“ von Fabian Vogt verhagelt leider das eröffnende Titelbild die sehr gute Pointe. Gut erzählt, mit einem erhobenen Zeigefinger in Richtung Tierversuche und Eingriff in die Evolution, hätte der Leser das Geheimnis seines Hauptdarstellers bis zum Ende nicht erahnt.

Mikis Wesensbitters Story ist in eine Zeit eingebettet, die ich sehr gut nachvollziehen kann. Seine beiden Hauptakteure entspringen etwa meinem Jahrgang und erleben in der Zeit des Kalten Krieges und im geteilten Berlin des Jahres 1986 „Das rot-weiße Licht oder Sinkflug über Berlin/Treptow“. Sehr, sehr originell und die Charaktere sind überaus authentisch.

Die Anthologie schließt mit dem Beitrag der bekannten Autorin Uschi Zietsch alias Susan Schwartz, deren Story „Der perfekte Friede“ sich mit den unterdrückten Gefühlen einer fiktiven Gesellschaft der Zukunft kritisch auseinandersetzt. Ihr gelingt der beste Aha-Effekt aller Geschichten bei der Auflösung der Hintergründe.

Alisha Bionda , die Herausgeberin dieser Anthologie der besonderen Art, hat wieder einmal das richtige Gespür bei der Auswahl der Geschichten gezeigt und eine abwechslungsreiche und doch homogene Mischung an Kurzgeschichten vorgelegt. Nicht umsonst werden ihre Anthologien regelmäßig mit Preisen ausgezeichnet.