altKriecher, Markus Mäurer, www.fantasyguide.de

Kriecher, die Geschichte eines Mörders. Und mit einem Mord beginnt die Geschichte um den düsteren Antihelden. Mit dem Mord an dem Menschen den er am meisten liebt, seiner Geliebten die ihm fremdgegangen ist. Er schlachtet sie brutal mit einem Messer ab. Kurz darauf verfällt er tagelang in teilnahmslose Agonie und bleibt in der Gosse liegen. Doch dann begegnet ihm eine geheimnisvolle Schönheit, nimmt ihn mit und lässt ihn von ihrer Brust trinken. Es ist eine verführerische Göttin, die ihn mit in eine Herberge nimmt. Als er dort am nächsten morgen aufwacht und in den Spiegel schaut, sieht er nur noch einen Schatten seiner selbst, eine dunkle Gestalt die nur noch aus Pech zu bestehen scheint. Die Göttin hat nichts Gutes im Sinn und möchte aus ihm einen mordenden Lakaien machen. Doch schon beim ersten Auftrag versagt er und wird von ihr bestraft und verlassen. Fortan zieht er alleine, in Seelenschmerz und Vergessenheit, mordend durch die Schatten der Welt.

Kriecher ist anders, anders als die weltverbessernden und -rettenden Helden, die normalerweise durch die Fantasygeschichten ziehen. Er hat nur einen Gedanken im Kopf, den Verrat seiner Geliebten. Dieser schmerzvolle Gedanke lässt immer wieder aufs neue seinen Hass und seinen Schmerz hochkommen und endet meistens mit Mord.

Fünf „Nachtschattennovellen“ aus der Welt von Spectre Dragon, des Geisterdrachen, wurden in diesem Band zusammengefasst. Die Welt von Spectre Dragon entstand bereits vor 20 Jahren.Es handelt sich um Kurzgeschichten die bereits seit Jahren im Internet veröffentlicht werden. Auf der Seite Geisterdrache.de sind noch viele mehr zu finden. Ins Spectre Dragon Archiv kommt man allerdings nur, wenn man eines der bisher erschienen Bücher aus dem De Joco Suae Moechae Zyklus gekauft hat( „Kriecher“ alte oder neue Ausgabe oder „Adulator“). Auf der Seite befinden sich Kurzgeschichten, Gedichte und Liedertexte des Autors Marc-Alastor E.-E. Das Buch „Kriecher“ ist aber auch ohne Kenntnisse von der Internetseite zu lesen. Diese kann als Ergänzung und Hintergrund verstanden werden.

Die vorliegende Ausgabe von „Kriecher“ ist die zweite Auflage. Die erste erschien zuerst 2001 im Minotaurus-Verlag. Die zweite Auflage ist als limitierte Exklusivausgabe im BLITZ-Verlag erschienen und nur über diesen zu bestellen(BLITZ-Verlag.de). Das Buch besticht durch sein schönes Titelbild und seine gute Aufmachung, die sich mit ihrer guten Papierqualität positiv von den lieblosen Ausgaben der großen Verlage unterscheidet. Im Buch findet man auch einige schöne Zeichnungen, passend zur Geschichte. Der hohe Preis von 12.90 für 240 Seiten ist durchaus gerechtfertigt.

Die Geschichte spielt in einer klassischen Fantasywelt mit Elfen, Drachen, Zyklopen, Magiern, Dämonen und Göttern. Eine dieser Gottheiten ist Medoreigtulb, ein bösartiges und grausames Wesen, das in Gestalt eines wunderschönen weiblichen Avatars auf Erden (Praegaia) wandelt. Sie ist es, die Kriecher in Wesen aus Pech verwandelt und ihm seinen Namen gibt. Ihr Gegenspieler ist der Gott M’Zaarox, ein Geisterdrache.

Was gar nicht der klassischen Fantasy entspricht, ist die Sprache in der Marc-Alastor. E.-E. seine Geschichten geschrieben hat. Er schreibt in einer wunderbaren, mit altmodischen Begriffen durchsetzten Sprache, mit der es ihm gelingt eine unheimliche und direkte Atmosphäre zu erschaffen.
Einige Begriffe habe ich allerdings nicht einmal im Wörterbuch gefunden, da sie aus dem altdeutschen kommen und musste im Internet nachforschen, was sie bedeuten; wie z. B. sintemal was soviel bedeutet wie nachdem, oder itzt (jetzt). Hier hätte ich mir noch eine Erklärung der altdeutschen Begriffe, im Anhang gewünscht. Bei Taberne habe ich einige Zeit gebraucht, bis ich kapiert habe, dass es kein Tippfehler ist. Immerhin liebt das b direkt neben dem v.

„Kriecher“ das sind fünf Kurzgeschichten, die in chronologischem und inhaltlichem Zusammenhang stehen. Sie erzählen episodenhaft die Geschichte Kriechers, zum Teil aus der Perspektive zukünftiger Opfer. Am interessantesten fand ich die letzte Geschichte, in der Kriecher eine Wandlung durchmacht und vom Mörder zum Seelentrinkenden Fürst Adulator wird. Hier nimmt die Geschichte episches Ausmaß an und findet ihre Fortsetzung im Roman „Adulator“.

Fazit

Es gibt sie doch, die anspruchsvolle und kreative Fantasy aus Deutschland. Marc-Alastor E.-E. ist ein junger Autor (Jahrgang 71), dem es gelingt eine eigenständige und ausgefüllte Welt zu erschaffen, in der man sich als Leser sofort heimisch fühlt. Sein Hauptaugenmerk liegt nicht auf der Action, sondern auf dem inneren Konflikt und der Verderbtheit von Kriechers Seele. So gelingt es dem Autor, sich nicht nur sprachlich, von dem üblichen Einheitsbrei der Fantasy abzuheben. „Kriecher“ ist der Auftakt einer Reihe, die in Verbindung mit ihrer Internetpräsenz, enormes Potential besitzt. Eine wundervolle Sammlung von Kurzgeschichten die Lust auf mehr macht.