Rezension "Die Weihnachtsbraut"
Patricia Merkel, LITERRA, Leser-Welt
DIE WEIHNACHTSBRAUT erscheint als dritter Band der von ALISHA BIONDA herausgegebenen Horrorreihe SCREAM bei Voodoo Press.
Mit einer eindringlichen Warnung vor Dingen, die keine Menschen sind, beginnt BARBARA BÜCHNER ihre Erzählung im September des Jahres. Während der Leser noch über ein winziges, skurriles Detail der prologartigen Einführung nachsinnt, vollzieht sie auch schon einen Zeitsprung ins vergangene Jahr. Hier nimmt das Unheil um die Figur der Fiona Rothenstein und die Cousins Mersenbeck seinen Lauf …
Über eine Zeitungsannonce macht Fiona Rothenstein Bekanntschaft mit Maurice Mersenbeck. Ihrer Tante Daniela zufolge sollte sie sich mit fast vierzig Jahren keine Gelegenheit entgehen lassen, schließlich doch noch unter die Haube zu kommen. Dem ersten Eindruck nach, handelt es sich bei Mersenbeck um einen Mann guter Schule, mag er auch merkwürdige Eigenarten haben und einem Schreckgespenst ihres Albtraums gleichen.
Beklemmende Vorahnungen des Unerfreulichen zum Trotz, lässt sich Fiona auf das Abenteuer ein. Weitere Treffen zum gegenseitigen Kennenlernen werden vereinbart. Wirre Träume, seltsame Bilder fremder Sphären und scheinbar unbegründete Ängste schiebt Fiona beiseite.
Doch das mächtige Patrizierhaus, in dem der rätselhafte Einsiedler Maurice Mersenbeck zusammen mit seinem Cousin Marcel residiert, ist ebenso sonderbar wie dessen Bewohner. Ein Gemälde eines marmornen Sarkophags, auf dessen Deckel ein maritimer Unhold mit Froschgliedern, Tentakeln, breitem Maul und Glupschaugen thront, hat besonderen Eindruck bei Fiona hinterlassen. Ihre Neugier ist geweckt!
Und auch anonyme Briefe, die sie vor großer Gefahr warnen, können sie nicht von Recherchen im Museum der Städtischen Bestattung, in der Engelskirche, im Pathologischen Museum und im Institut für Regressionsforschung und Gesprächen mit dem berühmt berüchtigten Dr. Leyden und Kollegin und Bibliothekarin Dr. Hesse abhalten. Weitere Informationen und Erkenntnisse gestalten sich wirr und nervenaufreibend …
Das Schicksal hat Fiona scheint’s mit der Aufgabe betraut, das Rätsel um das Haus der eisigen Schatten und seiner geheimnisvollen Bewohner zu lösen. Sie ist hin- und hergerissen zwischen Weisheit und Aberglaube, Wissenschaft und Mysterium.
Soll sie die Einladung, das nahende Weihnachtsfest im Hause Mersenbeck zu verbringen, annehmen?
Nicht nur die Tatsache, dass es sich bei dem vorliegenden Roman um einen Horrorband handelt, sondern auch der gelungene Einstieg in die Thematik, versetzt den Leser in gespannte Erwartungshaltung.
Detaillierte Beschreibungen der Umgebung und unverhohlene Vorahnungen wecken erste Beklemmung und Achtsamkeit.
Nach ausführlicher Charakterisierung der Akteure werden munter Hinweise und Andeutungen um seltsame Kreaturen gestreut. Die unheimliche Atmosphäre, die das Haus der Mersenbecks umgibt, jagt dem Leser wohlige Schauer über den Rücken. Die Mersenbecks selbst wirken abschreckend und faszinierend zugleich.
Unterbrochen wird das gruselige Szenario von Nachforschungen der agilen Hauptfigur Fiona, die zu allerlei wissenschaftlichen und mythischen Ausführungen führen.
Der Bezug zu H. P. Lovecrafts fremden Wesen ist unverkennbar!
Die Länge der berichtenden Einschübe geht zuweilen zu Lasten des willkommen gespenstischen Leseflusses, allerdings werden auf diese Weise auch allerlei Hintergründe und Zusammenhänge erklärt.
Eine zarte Liebesgeschichte entwickelt sich sehr dezent und lebt nahezu zwischen den Zeilen.
Insgesamt folgt BARBARA BÜCHNER an zwanzig Tagen, ähnlich einem Tagebuch, jedoch in dritter Person Singular verfasst, den mysteriösen Ereignissen um Fiona Rothenstein und Maurice und Marcel Mersenbeck, um schlussendlich zum Ausgangspunkt im September dieses Jahres zurückzuschwenken. Der Phantasie des Lesers bleibt die Erkenntnis, dass die Geschichte einer erstaunlichen Spezies Bestand haben wird und nicht mit Abschluss des Romans endet.
Reihenlayout, Umschlaggestaltung, Cover- und Innengrafiken lagen erneut in Mark Freiers Händen. Die Illustrationen repräsentieren Motive des Romaninhalts und setzen diese famos um. Papier, Satz und Druck der großformatigen Broschur sind tadellos.
Fazit
Mit einer offen dargelegten Heiratsabsicht beginnt BARBARA BÜCHNER eine einzigartige Beziehung zwischen zwei ungleichen Wesen. DIE WEIHNACHTSBRAUT weckt Abscheu und Faszination. Der Leser gerät in einen Strudel aus klassischen Schauermomenten, nahezu sachlichen Erklärungen über Art und Lebensweise fremder Kreaturen und spannenden Entwicklungen, wenn moderne Menschen und Alte Wesen aufeinander treffen. Mark Freier hilft dem Kopfkino mit treffenden Illustrationen auf die Sprünge. Eine etwas andere Bedeutung des Julfestes!