Björn Kühlen - Buchwurn-Info
Der Schattenkelch
Björn Kühlen - Buchwurn-Info
Nachdem das Kapitel "Antediluvian" in Band 4 sein endgültiges Ende gefunden hat, werden Dilara und Calvin mit einer ganz neuen Problemstellung konfrontiert: die Vergangenheit Calvins und das Geheimnis um den sagenumwobenen Schattenkelch. Dieser Kelch soll den Nosferati die Fähigkeit geben, dass nicht mal fliessendes Wasser ihnen etwas anhaben kann – damit wären diese Wesen in der Tat unsterblich.
Dilara ist sich sicher, dass ihr Gefährte in einem engen Verhältnis zu diesem Kelch steht – auf seinem Amulett, welches er seit jeher um seinen Hals trägt, ist eben jenes Gefäß abgebildet. Doch Calvin kann oder will sich nicht wirklich dazu äußern, zumindest weicht er Dilaras Fragen deutlich aus. Dafür erinnert sich Dilara wiederum an ein einschneidendes Ereignis im August des Jahres 1914 in Frankreich, kurz vor den Wirren des ersten Weltkriegs:
Um etwas Licht in ihre Vergangenheit zu bringen, nimmt Dilara das Angebot der Hellseherin Geneviève Zaeppfel an, sich an einer ihrer berühmten Seancen zu beteiligen. Doch die mystische Runde soll von einem unerwarteten Ereignis erheblich gestört werden. Schon am Vorabend fühlt Dilara die Anwesenheit eines Vampirs, kann aber noch nicht genau einschätzen, wer aus der illustren Gesellschaft von ihrer Art ist. Inmitten einer Sitzung nutzt der unbekannte Blutsauger dann die Gelegenheit und entführt zusammen mit einem Gehilfen die hilflose Madame Zaeppfel.
Dilara nimmt umgehend die Verfolgung auf und wird mit dem seltsamen Fluggefährt des Entführers konfrontiert – einem Zeppelin. Mit diesem verschleppt der Bösewicht nebst der Vampirin auch Geneviève in seine geheime Festung, um sich dort mit der Hellseherin eingehender zu beschäftigen. Madame Zaeppfel gehört augenscheinlich einer Gruppe an, die den Aufenthaltsort des legendären Schattenkelches kennt. Eben dieses Gefäss will der Vampir in seinen Händen wissen, um mit seiner Hilfe den ewigen Kampf zwischen Licht und Schatten für sich zu entscheiden.
Bevor er jedoch dieses gut gehütete Geheimnis aus Geneviève herauspressen kann, wird die Festung von deren Anhängern überrannt. Dilara und die Hellseherin werden nach einer blutigen Auseinandersetzung befreit. Dabei wird die Vampirin Zeugin, wie die Retter ihre Verwundeten mithilfe eines Kelches tränken und somit heilen können. Dilara ist dem Schattenkelch anscheinend sehr nahe gekommen ...
Dieser Rückblick veranlasst Dilara im Juni 2006, ihre Suche nach Madame Zaeppfel wieder aufzunehmen. Vor allem erinnert sie sich auch daran, dass sie in der Klosterbibliothek von Genevièves Bruder Bernard eine französiche Abschrift der Schattenchronik zu Gesicht bekommen hatte, die eben nicht aus diesem sprachlichen Durcheinander zu bestehen schien wie das vorliegende Exemplar aus Antediluvians Besitz – leider konnte sie sich dieses Büchlein damals nicht aneignen.
Zusammen mit Calvin macht sie den Bruder Madame Zaeppfels ausfindig, der mittlerweile am Mont St. Michel sein Dasein fristet. Von ihm erfahren sie tatsächlich mehr über den möglichen Aufenthaltsort des begehrten Kelches. Die französischsprachige Schattenchronik scheint aber leider bei einem Brand vernichtet worden zu sein. Somit geht das Paar den neuen Hinweisen nach. Sie stoßen auf eine Gruppe, die einer gewissen Schwarzen Sara huldigt und im Besitz mehrere Kelche ist – einer davon ist in der Tat der Schattenkelch. Auf die beiden warten aber noch einige große Überaschungen, vor allem da sich mittlerweile einige entschlossene Verfolger an ihre Fersen geheftet haben ...
Während Dilara und Calvin also in Frankreich Stück für Stück dem Schattenkelch näher kommen, herrscht in London der Ausnahmezustand. Die einzelnen Vampirgruppen bekriegen sich bis aufs Äußerste, jeder versucht Antediluvians Stelle einzunehmen. Inmitten dieser Wirren beschäftigt sich Guardian in den Katakomben mit dem Nachlass des Urvampirs und entdeckt einige interessante Fakten.
Der geheimnisvolle Cop Mick Bondye hat mit der beleibten Cassandra eine neue Partnerin bekommen, die ihn tatkräftig bei der Aufklärung einer neuen Serie abartigster Morde unterstützt. Bondye wird zunehmend mit seiner wahren Wesensart konfrontiert, denn auch er hat einen speziellen Stand in der Welt der Schatten, mehr als er selbst ahnt.
Dann sorgt noch die plötzlich aufgetauchte Geschäftsfrau Luna Sangue in der englischen Hauptstadt für Unruhe. Das LUNATIC-Cosmetic-Monopol dient nur als Tarnung ihrer wahren Identität, denn in der eiskalten Dame - die der Vampirin Dilara Demimondes verteufelt ähnlich sieht - schlummert unverkennbar die Seele der Göttin Coyolxa. Diese will Calvin von seiner Gefährtin trennen, um diese letztendlich als Instrument zu ihrer Machtergreifung zu missbrauchen. Da sich Calvin in einer schwierigen Selbstfindungsphase befindet, scheinen ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt zu sein ...
Alisha Bionda und Jörg Kleudgen – der zweite Streich: Diesmal tun sich ganz andere Facetten auf, denn die Abenteuer von Calvin und Dilara schlagen einen neuen Weg ein. Und wieder haben sich die beiden Autoren in einer fabelhaften Zusammenarbeit die Erzählung der Geschichte geteilt. Der Leser wird auf eine spezielle Gralssuche mitgenommen, auf eine Zeitreise in das Frankreich kurz vor den Wirren des Weltkriegs hinein in eine abenteuerliche Jagd nach dem Schattenkelch, mit dem sich die Vampire zur Überrasse aufschwingen könnten. Für mich als Mensch ein fragliches Unterfangen (smile)!
Jedenfalls werden hier ein paar frische Charaktere ins Leben gerufen, wie Geneviève Zaeppfel oder die multinationalen Teilnehmer der Seance in Schloss Comper. Alles sehr liebevoll gezeichnete Personen, die wie Dilaras neue Gegenspieler zu ihrer ganz eigenen Rolle in diesem wilden Reigen kommen. Dafür genießen die bereits bekannten Personen feinere Züge, sie werden noch tiefer in die Handlung eingestrickt, um ihren festen Stellenwert in der Welt der Schattenchronik einzunehmen. Da wären z. B. Sympathieträger wie Mick Bondye und die drollige Cassandra, aber auch der undurchsichtige Guardian.
Nach Dilara wird nun auch Calvins Vergangenheit thematisiert. Auch hier tut sich ein steiniger Pfad zur Erkenntnis auf, weitere düstere Geheimnisse wollen gelüftet werden und das Finale wartete wieder mit einem fast schon gemeinen offenen Schluss auf. Zum Glück sind die beiden Bände aber zeitgleich erschienen. Der Titel des nächsten Bandes dürfte nämlich deutlich machen, dass in Calvin noch so einiges verborgen ist.
Ein faszinierendes Bild von Calvin hat Mark Freier hier auf das Cover gebracht. Der junge Vampir hält den Schattenkelch in seinen Händen – es mutet schon fast wie ein Foto an. Vor allem das Material des Kelches ist hervorragend dargestellt. So wie Mark gibt auch Pat sein bekanntes Können bei den Anfängen der einzelnen Kapitel zum Besten. Vor allem die Kombinationen zwischen Licht und Schatten, dann noch die ganz spezielle Darstellung des Mondes bei Pat möchte ich hier mal gesondert erwähnen, weil es mir diesmal besonders positiv aufgefallen ist.
Die Geschichte um die Vampirin Dilara hat ihre neue Richtung längst gefunden, jetzt formt sie sich zu einem großartigen Zyklus ...