Zorn des Drachen

Marlies Eifert - Buchrezicenter

Im siebten Band der Schattenchronik tauchen Facetten auf – zum Teil anderer Art als in den voraufgehenden Bänden. Aber es gibt natürlich auch Kontinuität.

Die Kontinuität bezieht sich auf die wesentlichsten Figuren der Handlung: Dilara, Guardian, Calvin, Mick und Luna. Abwechselnd wird eine der Gestalten fokussiert. Die 'Kameraschwenks' geben Einblicke in das jeweilige individuelle Schicksal, aber auch in die Verflechtungen untereindander.

Immer wieder besonders anregend: Mick Bondye, der bei Scotland Yard beschäftigte 'Cop', der seine Mitarbeiterin Cassandra getötet hat, aber selbst nicht versteht, dass er bei ihrer Ermordung seine 'Natur' nicht hatte bezwingen können. Er hat als einzigster die Möglichkeit, mit Verstorbenen Kontakt zu halten. Wer weiß, kann er sie sogar wieder lebendig werden zu lassen. Der Nachfolger Cassandras findet einiges heraus über seine Herkunft, die auf Haiti hinweist. Bondye bedeutet nichts anderes als 'Oberster Götze'. Aber auch Mills selbst, der Nachfolger Cassandras, ist nicht ganz ohne Geheimnisse.

Calvin, der Partner der wichtigsten Handlungsträgerin der Serie, Dilara, macht es sich zur Aufgabe, die eigene Vergangenheit zu erforschen. Es geht um seine Mutter, deren Wurzeln zurück nach Wales weisen. Eindrucksvoll und deutlich an Edgar Allan Poe erinnernd, die Beschreibung von Calvins Aufstieg zu den Ruinen seiner Ahnen.

Luna, die wieder erweckte Mondgöttin, ist am meisten in die moderne Gesellschaft integriert. Mehr als allen anderen aus der Gruppe geht es ihr um Macht. Sie ist Chefin eines Konzerns, der Kosmetikartikel herstellt. Skrupel kennt sie nicht, ist Vampirin mit Leib und Seele. Von daher ist sie der größte Antipode zu Mick Bondye , der gelegentlich seine Vampirnatur in Frage stellt.
Luna ist Einzelkämpferin, aber auch sie kommt in die Lage, dass sie Hilfe braucht..

Mick, Calvin und Luna bilden zusammen mit Dilara und dessen Bruder Guardian einen Bund, der sich um den Schattenkelch gruppiert. Guardian 'hütet' den Schattenkelch, der allen ein Mehr an Kraft und Unverletzlichkeit gibt. Dies bleibt so, vorausgesetzt der Bund hält zusammen...

De Integro – von neuem – wird das erste Kapitel überschrieben. Etwas entscheidend Neues ist geschehen- nicht nur in Bezug auf die Gruppe um den Schattenkelch. In der 'schattenhaften Parallelgesellschaft' der Vampire hören die Clankämpfe, eine Folge der ungeordneten Machtverhältnisse, nach und nach auf. Die Geschwister Guardian und Dilara übernehmen zusammen mit Mick, Calvin und Luna die Leitung, geben Gesetze, sorgen für deren Einhaltung.
Die Entmachtung der eigentlichen machtlosen alten Führungsriege erfolgt relativ problemlos, aber wie sich die Zukunft gestalten wird, steht in den Sternen...
Auch von anderer Seite droht Gefahr. Immer wieder wird von Morden berichtet, die unter dem Zeichen des Drachen stehen. Eine geheimnisvolle Macht, die von China her kommt, und den Vampiren unversöhnlichen Kampf angesagt hat, agiert unter diesem Zeichen. Das herausragendste Ereignis in dem Zusammenhang: Dilara wird nach Shanghai entführt. Mit Sicherheit ist die geheimnisvolle Macht im Spiel.

Wird sich der neue Bund um den Schattenkelch bei der neuen Herausforderung bewähren?
Im Cover und auch in den Kapitelüberschriften wird auf China hingewiesen. Weisheiten des Laotse, geheimnisvolle chinesische Zeichen, die Skyline von Shanghai tauchen vereinzelt – zunächst fast unbemerkt – auf.
Es bleibt nicht beim Zeichenhaften. Aus der Sicht der Vampire muss die neuartige Mordserie unerklärlich sein. Eigentlich war einiges geschehen, um gerade dies ( eine Serie von Morden unter den Vampiren) zu vermeiden.

Den Autoren gelingt es m.E. ausgezeichnet, das Schleichende der Gefahr,die aus Asien kommt, zu verdeutlichen.
So erfährt der an sich schon unheimliche Charakter der Handlung, der sich der Leser kaum entziehen kann, eine weitere Steigerung.

Wie in den voraufgehenden Bänden spiegeln auch die Grafiken diesen unheimlichen Charakter, der in merkwürdigen Gegensatz zu den aufgeklärten Sprüchen chinesischer Weiser steht..

Sind wir auf eine Fortsetzung gespannt!
Sicher erfahren wir Näheres in Wort und Bild über den 'Zorn des Drachen' aus Asien im nachfolgenden Band.
Auch dieser Band 'Das Seelentor' wird von dem gut eingespielten Autorenpaar Alisha Bionda und Jörg Kleudgen verfasst. Beide behalten ihre Sprach- und Denkform bei und bilden trotzdem eine Einheit bei der Beschreibung der Ereignisse um Dilara, den Schattenkelch und die Schattenchronik.