15 Fragen an Alisha Bionda - von Geisterspiegel.de (Mai 2008)

Alisha Bionda beantwortet dem Team von "Geisterspiegel.de" 15 Fragen, die wir Ihnen nun auch auf dieser Site präsentieren wollen:

GS: Mit welchen drei Adjektiven würdest du deinen Beruf beschreiben?
A.B.:Mit nur einem: PHANTASTISCH!!!

GS: Welchen Roman eines anderen Autors hättest du gerne geschrieben?
A.B.:Das kann ich so leider nicht beantworten. Ich könnte mich da auch nicht auf einen beschränken, es gibt einige Romane, die mich beeindruckt haben. Aber ich muss sie dann nicht unbedingt selbst geschrieben haben. Jeder Autor schreibt seine Romane – und das ist gut so.
Aber es gibt Romane, die ich im zeitlichen Abstand immer mal wieder lese, was ihren Stellenwert zeigt. Dennoch möchte ich sie nicht selbst geschrieben haben, weil sie dann „anders“ wären. Jeder Autor hat seinen Stil, seinen literarischen „Atem“, der dem Leser entgegenströmt.

GS: Was war der bisher größte Fehler deiner Karriere?
A.B.: Ich habe Fehler gemacht – wie jeder, ohne Frage, besonders in den letzten Jahren - aber sie tun hier nichts zur Sache. Sie gingen mehr in die Richtung „Menschen“ und das „Vertrauen“, das ich in sie setzte. ABER, das alles entscheidende Aber: aus allen Fehlern ensteht immer etwas Gutes, weil wir daraus lernen, es Teil unserer Entwicklung ist. Ich habe gerade in jüngster Zeit wieder einmal gemerkt, in besonderen Situationen sieht man das sehr deutlich und schnell, auf wen man sich verlassen kann und auf wen nicht. Und dafür ist dann auch der ein oder andere Fehler gut. Weil einem die Menschen, auf die Verlass war und ist, dann noch wertvoller werden. Und dann wird man durch den vermeintlichen Fehler im Endeffekt noch um ein Stück reicher.
So lange wir also aus unseren Fehlern lernen, so lange sind sie ebenso wichtig wie Erfolge und anderes.
Und zum Thema Karriere – eine Formulierung, die allzu schnell bemüht wird - , da wäre ich wohl eh die Falsche. Das Thema ist für mich ein sehr weites Feld - um Fontane zu bemühen.

GS: Welche drei deiner Werke sollte ich unbedingt auf eine einsame Insel mitnehmen?
A.B.: Ich fühle mich immer unwohl, anderen meine Werke anzupreisen. Und was Du unbedingt mitnehmen solltest, müsstest Du entscheiden, zumal ich Deinen Geschmack nicht kenne.
Wenn Du mich fragen würdest, welches meiner Werke mir am meisten am Herzen liegt, so wäre das mein Fantasyroman „Regenbogen-Welt“, der auf dem Mythos der Navajo-Indianer basiert, aber derzeit nicht mehr erhältlich ist
Und ich denke, ich würde Dir von mir das ein oder andere aus der Zukunft empfehlen, weil da viel Herzblut einfließen wird. Von daher: frag mich doch in einem halben Jahr oder einem Jahr noch einmal.

GS: Wo siehst du dich beruflich in zehn Jahren?
Das kann man jetzt schlecht beantworten, da wir alle von unserer nicht vorhersehbaren Entwicklung abhängig sind, neben der Struktur des Marktes. Wenn Du mich fragst, wo ich mich gerne sähe, kann ich sagen: in guten Projekten und Zusammenarbeiten. Ich liebe ja die Bandbreite meiner Aktivitäten von Einzelromanen, über eigenen Serien (es steht den Lesern da etwas Neues ins Haus), und herausgegebenen Anthologien und Reihen – wie ab 2009 die düster-phantastische Hardcover-Reihe „Editon Media Noctis“ bei OTHERWORLD.
Was die Zusammenarbeiten angeht, so habe ich ein bis drei Autoren, mit denen ich gerne zusammenarbeite – und auch möchte und werde. Da sehe ich meine Zukunft – wenn sie mir wohlgesonnen ist.

GS: Welches Buch hast du zuletzt privat gelesen? Wie hat es dir gefallen?
A.B.: Leider lese ich rein privat nicht mehr, da es meine Zeit nicht erlaubt, sondern lese rundweg Rezensionsexemplare. Aber da picke ich mir bevorzugt Romane und Autoren heraus, die ich auch gerne privat lesen würde.
Das letzte Buch, das mich besonders erreicht und noch lange begleitet hat – und das ich in der Tat mal rein privat gelesen habe – waren „Maliziöse Märchen“ von Marc-Alastor EE, die in wunderschöner Aufmachung bei Lindenstruth erschienen sind.
Das war nach einigen Jahren mal wieder mit Abstand das Beste vom Stil her und dem Kopfkino, das ich erleben „durfte“.
Das Buch und der Autor sind aber auch eine Ausnahmeerscheinung, gemessen an dem, was heutzutage „en vogue“ ist und in breiter Masse erscheint. Ich wünschte mir mehr davon. Auch mutigere Verlage, denn die Leserschaft ist da – davon bin ich fest überzeugt,
Ansonsten – wenn ich den breiten Markt betrachte – habe ich zwei Bücher gelesen, die mir angenehme Lesestunden bereitet haben....das war der Fantasy-Debütroman von Dave T. Morgan „Der Schrei des Feuervogels“ (Arcanum Fantasy-Verlag) und - stilistisch auch eher aus dem Rahmen fallend -„Worträtsel“ von Dominik Irtenkauf (Mischwesen Autorenverlag), der teils sehr surrealitische Texte hat.

GS: Welche CD hast du zuletzt gekauft? Wie gefällt sie dir?
A .B.: Ich kaufe immer in einem eher unkonventionellen System, sprich nicht, was neu auf den Markt drängt, sondern bestimmt dadurch, an welchem Projekt ich mich grade befinde, da ich beim Schreiben meist Musik höre. Da ich derzeit zwei düster-phantastische Projekte vorantreibe, habe ich mir einige ältere CDs zugelegt, bzw die, die ich schon besaß dadurch komplettiert, da ich zu Sammlerblut neige. Das waren CDs von E Nomine, Sopor Aeternus und Unheilig (die brachte mir ein Freund mit). Und das was ich mir kaufe oder zulege gefällt mir von daher immer, da ich nicht wahllos kaufe sondern vorher hineinhöre. Ich höre auch sehr breit gefächert. Außer Schlagern und Volksmusik – was beides Körperverletzung für mich ist – höre ich rein nach Stimmung. Was heißt, dass ich auch „Ich & Ich“ oder „Rosenstolz“ – als Beispiel – höre.... oder Bluestöne von Joss Stone.
Leise oder laute Töne, sanfte oder rockige – alles zu seiner Zeit.

GS: Du gewinnst 20 Millionen Euro im Lotto. Würdest du weiterschreiben? Warum bzw. warum nicht?
A.B.: Die Frage stellt sich nicht...hehehe....da ich nicht Lotto spiele. Aber selbst wenn: Ich würde immer schreiben, aber dann mit Sicherheit zeitlich entspannter und just for fun. Oder ich würde von den Zinsen – man knabbere nie sein Kapital an! – einen Verlag gründen, der eben jenen Autoren eine Möglichkeit bietet, die durch das Marketingraster der Großverlage fallen und textliche Kleinode sind. Und würde sie vernünftig vermarkten und aufbauen. Ich liebe die Literatur und würde ihr immer verbunden bleiben – in welcher Form würde sich dann zeigen. Aber das ist wie gesagt hypothetisch, da mich dieser Segen nie ereilen wird.

GS: Welches sind deiner Meinung nach die drei schlimmsten Fehler, die ein Anfänger beim Schreiben macht?
A.B.: Zu wenig selbstkritsch zu sein, oft zu wortverliebt und etliche verlassen sich zu sehr auf die „Jubelschreie“ der Freunde oder des persönlichen Umfelds.
Was viele Newcomer auch nicht beachten, dass man seinen Texten Zeit lassen soll. Meine Professorin hat mir eingehämmert: ein Text ist wie ein Hefeteig, man muss ihn bearbeiten, ruhen lassen, erneut bearbeiten, ruhen lassen...und das im Optimalfall drei bis fünfmal.

GS: Welches sind deiner Meinung nach die drei schlimmsten Fehler, die ein Anfänger im Umgang mit Verlagen macht?
A.B.: Die meisten Autoren informieren sich nach wie vor nicht genug über das jeweilige Programm des Verlages, dem sie etwas anbieten, und verschicken ihre Manuskripte immer noch recht wahllos. Was umso unverständlicher ist, da man durch den Segen des Internets auf schnellem und einfachem Wege die Möglichkeit hat.

GS: Mit welcher literarischen Figur würdest du dich gerne mal unterhalten?
A.B.: Mit Medoreigtulb aus „Kriecher“ (Geisterdrache, Band 1), der dunklen Göttin, die mir seit dem Lesen des Bandes so vertraut scheint und immer vertrauter wird.

GS: Welchem Autor (außer dir selbst) würdest du es wünschen, in Deutschland bekannter zu sein, als er es bisher ist?
A.B.: Es ist eigentlich unfair, da nur einen zu nennen, daher möchte ich mehrere erwähnen.
Allen voran ist das für mich auf dem düster-phantastischen Sektor ein Autor: Marc-Alastor EE. Ein großes Talent, stilistisch, von seinen Plotentwicklungen und seinen Charakteren. Aber auch höchst professionell in seiner Recherchearbeit und der Umsetzung, dabei unerschütterlich zuverlässig in der Zusammenarbeit und ein Wortkünstler, in dem was zwischen seinen Zeilen schwingt.
Dann kommt für mich erstmal länger nichts.
Danach aber auf jeden Fall Andreas Gruber, auch Titus Müller, aber da gäbe es noch den ein oder anderen zu erwähnen.
Darüber hinaus würde ich mir von einigen Autoren einmal Genre übergreifende Romane wünschen. Z.B. Christoph Hardebusch und Christoph Marzi.

GS: Dir erscheint eine Fee und sagt: „Setz dich hin und schreib ein Buch. Ich verspreche dir, dass es ein Weltbestseller wird.“ Welches Genre würdest du wählen?
A.B.: Ich würde das Pferd von vorne aufzäumen und mich fragen WELCHES Thema ist mir wichtig, was möchte ich – wenn ich diese breite Leserschaft erreichen könnte – rüberbringen. Das Genre wäre da nicht das entscheidende und würde mich zu sehr einengen, wenn ich dort ansetzen würde. Ich könnte mir - bei mir ohnehin- eher vorstellen, dass es ein Crossover-Projekt würde. Wie gesagt, wenn ich „garantiert“ die Möglichkeit hätte, ein großes Publikum zu erreichen, wäre mir die Aussage, die ich loswerden möchte, viel wichtiger, und da würde ich das Genre wählen, wo sie am stimmigsten hineinpasst..

GS: Was würdest du deinem Kind sagen, wenn es dir mitteilt, dass es beruflich in deine Fußstapfen treten will?
A.B.: Hehe....das ist leider eine sehr hypothetische Frage, da ich nie in die Situation kommen werde.
Daher kann ich nur Vermutungen anstellen. Aus meiner Erfahrung, meine früheren Berufe nur aus wirtschaftlicher Sicherheit gewählt zu haben, die zwar teilweise politisch interessant waren, aber mich dennnoch seelisch krank gemacht haben, würde ich sagen: Mach das, was wirklich in dir brennt, ich werde dich nach meinen Möglichkeiten unterstützen.

GS: Welche drei Romane sollte man in seinem Leben gelesen haben?
A.B.: Das kann man so pauschal nicht beantworten, da jeder eine andere Afffinität zur Literatur in sich birgt. Darüber hinaus ist ein Tag ohne Lesen ein verlorener. Daher kommt – oder sollte – man auf deutlich mehr als drei Romane. Ich würde eher sagen, man sollte sich die Muße nehmen, gleichgewichtig auch jenseits der Massenware zu lesen. Womit ich Massenware nicht pauschal als negativ gesehen haben möchte. Es gibt überall solche und solche Qualitäten.
Ich finde, man sollte als Phantastikleser mindestens ein Buch von Wolfgang Hohlbein gelesen haben. Grade Fantasyfans sollten nicht vergessen, dass er vor zwei Jahrzehnten dem Genre den Weg innerhalb des deutschsprachigen Raumes geebnet hat. Als Fantasy noch etwas war, dass eher als „pädagogisch wertlos“ angesehen wurde. Wolfgang Hohlbein haben wir es zu verdanken, dass die Fantasylandschaft mittlerweile derart blüht und junge Autoren die Möglichkeit haben, - oft erfreulich rasch - ihren Weg zu gehen.

Quelle: www.geisterspiegel.de/background/15_Fragen/bionda.html