Der Schattenkelch

Peter Schünemann - Solar X

Alisha Bionda & Jörg Kleudgen: Der Schattenkelch
(Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik 5)
Alisha Bionda & S. H. A. Parzzival: Calvin
(Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik 6)
Blitz-Verlag

Es bietet sich an, diese beiden Bände aus der Schattenchronik-Reihe gemeinsam zu besprechen, da sie unmittelbar miteinander verbunden sind und eine relativ abgeschlossene Handlung schildern. Diesmal geht es um den mystischen Schattenkelch, nach dem Luna Sangue trachtet, die wieder auferstandene Mondgöttin Coyolxa. Und nicht nur sie: Auch Dilara, nach wie vor zentrale Gestalt der Reihe, und ihr Geliebter Calvin versuchen in den Besitz des magischen Artefakts zu gelangen, denn dieses verheißt den Vampiren wahre Unsterblichkeit (welche zum Beispiel die Unverletzlichkeit durch Wasser einschließt). Doch da sind noch mehr Interessenten, die auf diese oder jene Weise für sich etwas von dem Besitz des Kelches erhoffen: ein geheimer Zigeunerbund, der den Kelch hütet; Calvins Vater Anton Percy Vale, der einem Gralsorden vorsteht; Mark Garimont, Luna Sangues zwielichtiger Berater; Guardian, mittlerweile vom Rat der Ältesten als eine Art Nachfolger des getöteten Urnosferatu Antediluvian eingesetzt. Nimmt man zum Kreis dieser Personen noch den mysteriösen Cop Mike Bondye und seine neue Partnerin Cassandra sowie das Medium Genevieve Zaepffel hinzu, so sind die Hauptfiguren dieses Teils der Geschichte benannt.

Band 5 spielt wiederum, dem Prinzip seiner Vorgänger folgend, auf zwei Zeitebenen: In kurzen Szenenfolgen mit raschen Schnitten läuft vor den Augen des Lesers ab, was sich von November 2005 bis Ende Mai 2006 in London und Frankreich (Mont St.-Michel und Les-Saintes-Maries-de-la-Mer) ereignet; der Text wechselt hier sehr oft zwischen verschiedenen Handlungssträngen und führt den Leser tiefer in das Gewirr der gleichzeitig ablaufenden Kämpfe, Intrigen und Suchen. Länger sind dagegen die Passagen der "Vergangenheitshandlung", die Anfang August 1914 in Frankreich und Deutschland spielt, also zu Beginn des Ersten Weltkrieges. Zu den wesentlichen Figuren gesellen sich hier (für kurze Zeit) noch der deutsche Baron Hermann von Runkel und sein Adjutant Alfred Schreck, die ebenfalls auf der Jagd nach dem Kelch sind. Der Kampf zwischen Dilara und ihnen illustriert die besondere Bedeutung, die der Schattenkelch - das dunkle Pendant des Heiligen Grals - für das Geschlecht der Nosferati hat. Und man erfährt, dass es noch mehr Kelche gibt. Das heißt: Mancher der Suchenden, auch wenn er findet, findet nicht, was er suchte ...

In dieser Geschichte rückt Calvin stärker in den Vordergrund. War er bisher "nur" Dilaras "Kind", ihr Liebster und Kampfgefährte, beginnt er nun eigene Wege zu gehen – und wir erfahren über seine Vergangenheit genug, um zu ahnen, dass die Begegnung zwischen Dilara und ihm keine zufällige war.

Band 6 heißt denn auch fast folgerichtig "Calvin". Jörg Kleudgen, durch die Bände 4 und 5 eng mit dem Stoff und einigen Figuren verbunden, arbeitete am Exposé mit. Der neue Co-Autor (über den man leider nichts erfährt, es fehlen die kurzen Autorenporträts) wählte für sich ein Pseudonym, das eng mit der Gralslegende verbunden ist und stark an den zweiten Vor- und den Familiennamen Calvins erinnert: Parzzival – Percy Vale. (Ob der Parzival-Stoff noch einmal von Bedeutung für die Serie sein wird, bleibt weitgehend offen; die Autoren belassen es bei Anklängen, und vorerst entwickelt sich das Geschehen in eine andere Richtung. Jedoch wird mit dem heimtückischen Oliver Richmond eine Figur aufgebaut, die noch einiges Potential bieten könnte.)

Die Handlung dieses Teils spielt zur Gänze im Juni und Juli 2006; Handlungsorte sind Santa Barbara und - vor allem – wieder London. Der blutige Krieg zwischen den Vampiren, der in Band 5 ausgebrochen war, dient hier (wie auch dort) lediglich als Hintergrund; offenbar bleiben die Stärke von Guardians Clan und die Herrschaft des Rates der Ältesten davon weitgehend unberührt. Aber das Morden beschäftigt die Londoner Polizei, allen voran Mick und Cassandra. Die Autoren lüften nun das Geheimnis des merkwürdig unorthodoxen Polizisten. Auch weitere Rätsel lösen sich, zum Beispiel das der besonderen Verbindung zwischen Dilara und Guardian. Außerdem tauchen weitere Seiten aus der Schattenchronik auf, die neue Fragen aufwerfen. Nicht vergessen werden sollte auch, dass in Band 5 das Lichtwesen Methalumina, gnadenlose Vampirtöterin, einen kurzen "Gastauftritt" hat, der hoffen lässt, dieser interessante Aspekt des Geschehens möge fortgeführt werden.

Summa summarum:

Für alle die, die sich bisher in der Schattenchronik festgelesen haben, geht es hier in rasendem Tempo weiter; alle Neueinsteiger, denen der Text gefällt, sollten sich freilich nicht mit den – ebenso knappen wie hilfreichen – Zusammenfassungen am Anfang der Bücher zufrieden geben, sondern die vorhergehenden Bände lesen.

Alisha Bionda & Jörg Kleudgen: Der Schattenkelch, ©? 2006 by BLITZ-Verlag GmbH, 220 S., _ 9,95, ISBN 3898403556
Alisha Bionda & S. H. A. Parzzival: Calvin, ©? 2006 by BLITZ-Verlag GmbH, 235 S., _ 9,95, ISBN 3898403564